Auch in diesem Jahr war ich wieder auf der Next Organic in Berlin auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof unterwegs. Diesmal sogar gleich in doppelter Mission – zum einen natürlich, um die neuesten Trends der Food-Szene für euch aufzuspüren, zum anderen aber diesmal auch als „Aussteller-Gehilfin“, um Peter von Schwarzwald-MISO am Stand zu unterstützen. Er ist einer der Gewinner des diesjährigen Start-Up Wettbewerbs. Von Miso-Pasten aus dem Schwarzwald sowie meinen weiteren Messe-Highlights möchte ich euch an dieser Stelle heute gern berichten.
Aber zuerst nochmal ganz kurz zur Erklärung: Die Next Organic versteht sich als zukunftsweisende Fachmesse für Lebensmittel-Hersteller & Gastronomie mit Fokus auf biologische sowie ethisch korrekt produzierte, nachhaltige Lebensmittel. Traditionelle Produktionsweisen verschmelzen dabei mit innovativen Ideen. Meinen Bericht aus dem letzten Jahr findet ihr hier. In diesem Jahr waren vor allem drei Trends ganz deutlich spürbar:
#rawvegan: Rohkostküche sowie vegane Kost waren allgegenwärtig. Ob kalt-gepresste Smoothies, Säfte, Miso, roh-vegane Energieriegel (am besten noch mit Superfoods versehen), vegane Sandwiches (z.B. von Trenkle Foods, die ebenfalls bei der Start-Up Challenge gewonnen haben und deren Produkte in die Kategorie „Echt jetzt??? Das ist vegan? Schmeckt wie ein BBQ-Beef-Sandwich“ fallen), veganer Joghurt auf Kokos- oder Reisbasis, Tofu, Algen – das vegane Herz hatte zahlreiche Gelegenheiten höher zu schlagen! (Einen Messebericht mit Vegan-Fokus findet ihr z.B. bei Achtung, Pflanzenfresser.)
#superfoods: Was 2014 mit Weizengraspulver begann, setzte sich in diesem Jahr mit Moringa, Baobab, Acai, Lucuma (und wie sie alle heißen) fort. Im Sinne des ebenfalls angestrebten Regionalitätsbezugs der Messe sehe ich das durchaus ein wenig kritisch. Die meisten Superfoods, die aktuell gehypt werden, wachsen nun mal leider nicht unbedingt in unseren Gefilden. Klar gibt es auch Produkte, die von woanders herkommen müssen, auf Schokolade und Kaffee könnte ich z.B. nicht verzichten. Aber ob man immer weiter noch neue Superfoods in den Speiseplan aufnehmen muss, die dann aus Brasilien zu uns geschifft werden müssen… Ok, ich gebe zu, neues auszuprobieren ist spannend. Ich habe mir aus Kenia beispielsweise selbst Baobab- und Moringapulver mitgebracht. Hat dort auch keine Unsummen gekostet. 😉 Wenn die Landwirtschaft, insbesondere Kleinbauern, in den Produktionsländern von der steigenden Nachfrage in den Industrieländern dann auch noch profitieren, ist das ganze natürlich grundsätzlich nicht verkehrt.
Diesbezüglich noch eine kleine Anmerkung: Franziska Schmid vom Blog Veggie-Love schreibt gerade ein Buch über Local Superfoods. Es ist vielleicht einfach nicht jedem bewusst, dass auch bei uns in Deutschland besondere Gemüsesorten, Nüsse, Wurzeln etc. mit hohen Gehalten an Antioxidantien und Vitaminen zu Hause sind. Freue mich schon sehr auf die Erscheinung des Buches!
#farmtofork: Eine generelle Eigenschaft der meisten Aussteller – man geht auf den wachsenden Kundenwunsch nach mehr Transparenz ein. So wird offen über die Herkunft aller verwendeten Rohstoffe bzw. Inhaltsstoffe gesprochen, Produktionsvorgänge erklärt, über das Verpackungsmaterial informiert, diskutiert und vieles mehr…
Und hier sind sie nun – meine Top 8 der Next Organic 2015:
*Zusätzliche Infos gibt’s in allen Bildergalerien, dazu einfach auf ein Foto klicken.
#1: Schwarzwald-MISO. Miso-Paste aus dem Schwarzwald? Hä? Ja, richtig gehört. Peter und seine Familie haben das Fermentieren von einem japanischen Mönch gelernt und praktizieren es heute im Süden Deutschlands aus regionalen Zutaten. Nix mit Import-Soja aus Brasilien… Dabei wird das Ausgangsprodukt (Soja, Reis, Gerste oder Lupine) mit einer Kultur „geimpft“ und je nach Sorte für ca. 1-3 Jahre in Fässern gelagert. Und das tolle dabei: Miso überdeckt den Geschmack von Speisen nicht, sondern verstärkt vorhandenen Geschmack auf ganz natürliche Weise. Neben klassischem Miso gibt es bei Schwarzwald-MISO auch aromatisierte Sorten auf Reisbasis mit Geschmacksrichtungen wie z.B. Ingwer-Curry oder Miso Mare mit Meeresalgen. Richtig lecker! Meine liebste Sorte ist aber das Gersten-Miso, das kräftig würzig & malzig schmeckt. Super zum Marinieren! Kochanregungen gibt’s fürs erste z.B. hier – auf CaroKocht folgen aber bald Rezepte!
#2: Geiles Gebäck. Die Fallersleber Backwaren Manufaktur bäckt mit Vollkornmehlen – am liebsten mit Dinkel. Find ich super! Zusätzlich zum klassischen Label kommt nun unter dem Namen „Geiles Gebäck“ neuer Schwung ins Unternehmen. Leckere Cookies, Brownies, Macarons etc. – ich habe nur von den veganen Sachen probiert, denn die sahen so wahnsinnig lecker aus. Und das waren sie auch! Absoluter Favorit: die veganen Brownies. Nicht auf Avocado- oder Bohnenbasis, sondern mit Seidentofu gemacht. Von Tofu schmeckt man hier aber nichts. Und sie sind so herrlich weich und saftig! Soll es bald in Biomärkten geben. Ich halte freudig Ausschau…
#3: Ailaike. Handmade Iced Tea mit natürlichen Zutaten. Meine Lieblingssorte ganz klar: Zitrone-Minze! Frisch, fruchtig, nicht zu süß. Hergestellt nach traditionellem Verfahren, bio und Fairtrade zertifiziert. Damit kann ich mir sehr gut vorstellen, bald meinen Sommerdurst zu löschen.
#4: Gewürzkampagne. Nur eine Handvoll Gewürze im Sortiment, dafür aber alle sorgfältig ausgewählt. Vor allem die Zimtstangen aus Permakultur-Anbau haben es mir angetan. Aber auch Rosmarin und Paprikapulver schmecken fantastisch – und die Jungs stehen mit Leib und Seele hinter ihrem Unternehmen. So viel Enthusiasmus ist ansteckend!
#5: Erdmandeln. Und doch wieder eine exotische Zutat. Ja, ich weiß. Aber im Gegensatz zu den meisten Pülverchen (die zwar irgendwie nice-to-have sind, man aber eigentlich nicht wirklich braucht) sind Erdmandeln einfach nur wahnsinnig lecker und gleichzeitig ein perfekter Snack für zwischendurch! Eingeweicht über Nacht, kann man sie gut zerkauen. Der Geschmack ist angenehm, süßlich, nussig und erinnert mich von der Konsistenz her ein bisschen an getrocknetes Kokosfleisch. Habe von Govinda verschiedene Erdmandelbreie bekommen und werde diese im Rahmen meiner neuen Frühstücksreihe dann auch direkt mal testen.
#6: Reisgurt. Ein weiterer Gewinner der Start-Up Challenge. Die Jungs unter dem Namen „Brüder Gleich“ entwickeln mithilfe einer Crowdfunding Aktion einen veganen Joghurt auf Reisbasis. Ohne Zuckerzusatz, ohne Konservierungs- und Zusatzstoffe. Schmeckt angenehm mild und könnte sicher eine tolle Alternative zu Produkten auf Soja-Basis werden. Kann ihn mir sehr gut in der Kombi mit Früchten vorstellen, da er kaum Säure hat.
#7: Eidertaler Auerochse. Südlich von Kiel wandern die wilden Auerochsen mindestens drei bis vier Jahre durch die Auen und sorgen dabei ganz natürlich für die Landschaftspflege. Denn durch ihr Weideverhalten fördern die Tiere das Wachstum seltener Gräser und Kräuter und ziehen so weitere Vogel- und Insektenarten an. Die Weiden sind dabei frei von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Das Fleisch der Auerochsen, die auf der Weide erlegt werden, ist kurzfaserig mit einer auffälligen Marmorierung. Neben dem Verkauf von Fleisch an die Gastronomie im Raum Hamburg, Bremen und Kiel werden außerdem Produkte wie Auerochsen-Biltong, -salami oder -beißer vermarktet. Auf der Next Organic konnte man diese probieren, und ich kann bestätigen: der Geschmack ist wirklich einzigartig zart-würzig.
#8: AMA-Biosiegel. Seht ihr manchmal auch nicht mehr durch im Siegel-Dschungel? Österreich geht mit gutem Beispiel voran und hat ein eigenes staatlich geprüftes Bio-Siegel. In Sachen Bio ist das Land nämlich der absolute Vorreiter: fast 8% der dort produzierten Lebensmittel werden biologisch angebaut, bei Wein sind es sogar stolze 10,6%. Auf der Next Organic durfte ich neben leckerem Bio-Käse und Grünem Veltliner z.B. Chutney vom Lukashof und eine Art Bio-Eistee von all i need probieren. Ein belebendes Getränk ganz ohne Koffein, das gut gekühlt sehr zu empfehlen ist. Sencha-Tee und verwendete Superfoods dafür kommen größtenteils aus Fairtrade-Anbau.
So, das waren meine Top 8. Mein Fazit? Es war wieder eine sehr interessante Messe, mit tollen Menschen und faszinierenden Produkten, vor allem aber jeder Menge Spirit und Motivation für eine nachhaltige Produktion von gesunden Lebensmitteln. Den Fokus auf vegane Küche finde ich toll (freue mich schon sehr darauf, das vegane Kochbuch von Sebastian Copien zu testen), eine komplette Rohkost-Ernährung lehne ich aus rein wissenschaftlichen Gesichtspunkten aber ab: Nicht jeder Garvorgang tötet Vitamine, viele Nährstoffe sind in manchen Lebensmitteln erst dann für den menschlichen Organismus verfügbar, wenn diese gekocht vorliegen. Kochen und Dämpfen ist dabei natürlich gesünder als Braten oder Frittieren. Artikel für Interessierte gibt’s hier und hier. (Achja, Paleo war natürlich auch wie immer mit von der Partie – davon halte ich leider ebenso wenig. Dazu hier ein sehr informativer TED-Talk, der ein bisschen mit der Vermarktung seitens der Gesundheits-/Diätindustrie aufräumt.)
Angeregt von der Messe werde ich mich in der Zukunft natürlich auf jeden Fall weiter ausprobieren, auch an der veganen Küche, da sie für mich spannend, lehrreich und vor allem kreativitätsfördernd beim Kochen ist. Natürlich profitiert unserer Umwelt von einer pflanzlichen, weniger auf tierische Produkte konzentrierten Ernährungsweise. Nach wie vor werde ich aber ab und an Fleisch essen, dafür aber immer bewusst genießen (wie z.B. den Auerochsen!). Mein Fokus ist und bleibt bei regionalen und saisonalen Lebensmitteln, auch wenn sich hin und wieder mal eine Avocado in meine Küche verirrt. 😉
Zu guter letzt noch einige weitere Stände, Produkte und Eindrücke in einer kleinen Bildergalerie (Terroirwein, Vodrock, KYL21, Belsazar und Paper&Tea):